Das Studium der Arabistik an der Uni Wien erwies sich für Gudrun Harrer als Jackpot. Die leitende Redakteurin bei der Tageszeitung „Der Standard“ schildert den Wandel eines Faches aus persönlicher Sicht.
Text: Gudrun Harrer
Seit ich in den späten 1980er-Jahren am Institut für Orientalistik der Universität Wien studiert habe, hat sich viel geändert – im Vorderen Orient, aber auch im Institut selbst, das früher im Neuen Institutsgebäude war und dann auf dem neuen Campus einen würdigen Platz fand. Als ich studierte, hätte jeder ein Arabistik- und Turkologiestudium unter „Orchideenfächer“ gereiht. Ich erinnere mich an eine mehrere Semester dauernde Lehrveranstaltung in Syrien-Aramäisch, in der wir zu dritt waren. Inklusive Professor. Das hat sich in den letzten Jahren gründlich geändert.
Mein Studieren war, das muss ich gestehen, vor allem von Interesse geleitet und ziemlich planlos, was die Frage nach der praktischen Anwendung betraf. Zuerst waren da die spannenden semitischen Sprachen, die Turksprachen, und ins Persische wurde auch geschnuppert. Bald jedoch wurde der Blick politischer – und auch die Frage nach der Rolle des Islam brennender. Mein Wunschthema für meine Diplomarbeit wären die islamischen Bezüge in Salman Rushdies „Die satanischen Verse“ gewesen – der inzwischen verstorbene Professor Arne A. Ambros lehnte es jedoch als zu brisant ab. 1989 hatte es ja die berühmte Fatwa Khomeinis gegen den Autor gegeben.
Gefragte Expertise. Meine frustrierte Expertise aktuelle Ereignisse betreffend reagierte ich ab Beginn der 1990er in der Redaktion der damals noch jungen Tageszeitung „Der Standard“ ab, wo ich eine Korrektorenstelle innehatte. Und da war dann der Weg auch schon vorgezeichnet: Ich konnte und wusste etwas, wonach die Nachfrage rasant stieg. Um den Posten als Redakteurin musste ich mich nicht einmal richtig bewerben, der kam von selbst. Heute ist es schon üblich, dass Nahost-JournalistInnen ein einschlägiges Studium haben, damals gab es das noch nicht. „OrientalistInnen“ gingen noch öfter als heute in Berufe, die mit ihrem Studium nur wenig zu tun hatten. Inzwischen ist der Bedarf an Arabisch-, Türkisch- und Persisch-Sprechern rasant gestiegen – wobei man wissen sollte, dass es sich in Wien nicht um ein reines Sprachenstudium handelt. Aber die moderne Sprache spielt heute eine viel größere Rolle als zu meinen Zeiten.
Die Studierendenzahlen stiegen in den 1990er-Jahren ständig, nach 2001 explodierten sie, da war die Arabistik plötzlich so etwas wie ein Modestudium. Heute unterrichte ich selbst an meinem alten Institut (Moderne arabische Geschichte und Politik) – und es passiert, dass ich Studierende, die meine bescheidenen Vorlesungen besucht haben, als Nahost-Profis wiederfinde.