Die Zeit und der Ort sind die beiden Merkmale, die Reinhard Wolters bei einer Münze als Erstes interessieren: Wann ist sie geprägt worden und wo? Darüber hinaus können Bild und Text weitaus mehr über den Hintergrund des Fundstückes verraten. Dass Wolters ein komplett unbekannter Münztyp auf den Schreibtisch rollt, kommt nur alle paar Jahre vor, denn das Material ist trotz seiner Menge gut bekannt. Rund 30.000 Münzen und numismatische Objekte aus allen Epochen und Regionen beherbergt die Münzsammlung des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte – das einzige seiner Art in Europa. Der Sammlerwert dieser Stücke interessiert den Wissenschafter nicht. Für ihn ist ein Stück wertvoll, wenn es dichte Informationen enthält, die möglichst viel über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Zusammenhänge seiner Zeit aussagen können. „Die Numismatik ist ein Teil der historischen Grundlagenwissenschaften – man kann nicht ohne, wenn man historisch arbeiten will“, ist Wolters, der selbst Geschichte, Germanistik, Publizistik und Katholische Theologie studiert hat, überzeugt. Neben der Wirtschaftsgeschichte sind Archäologie und Kunstgeschichte wichtige Nachbargebiete. „Wenn NumismatikerInnen in 2.000 Jahren unsere heutigen Euromünzen finden, könnten sie etwa Erweiterungsprozesse der europäischen Währungsunion sofort jahrgenau nachvollziehen. Und über die Durchmischung des Geldes könnten sie Rückschlüsse auf die Mobilität der Menschen ziehen“, erzählt Wolters, dessen Spezialgebiet die antike Numismatik ist. Eine Epoche, aus der Münzen oft die einzig erhaltenen Quellen sind.